Vorrang für die einzigartige Isarlandschaft beim künftigen Betrieb des Walchenseekraftwerks

Gemeinsame Positionen von 13 Vereinen und Verbänden zur Neukonzessionierung des Walchenseekraftwerk-Systems

Wilde Schönheit, die obere Isar Foto: J. Fünfstück
Wilde Schönheit, die obere Isar Foto: J. Fünfstück

Hilpoltstein/München, 29.03.2021 - Die Konzessionen für die Wasserkraftnutzung durch das Walchenseekraftwerk-System läuft zum 30. September 2030 aus. Deshalb fordern 13 Vereine und Verbände zukünftig einen deutlich besseren Schutz der Oberen Isar, ihrer Nebengewässer sowie der Seen im Einzugsgebiet des Kraftwerks. Seit gut zwei Jahren haben die Organisationen unter der Koordination des bayerischen Naturschutzverbands LBV an einem gemeinsamen Positionspapier gearbeitet, das nun vorgestellt wird. Aus Sicht der Verbände muss der Naturschutz der Oberen Isar zukünftig wesentlich stärker als bisher in den Fokus gerückt werden, auch wenn es den Kraftwerksbetrieb einschränkt. Das Fazit lautet: Sofern es zu einer Neugenehmigung kommen sollte, führt aufgrund der hohen naturschutzfachlichen Bedeutung der Oberen Isar an einem verbesserten Betrieb hinsichtlich der Ökologie kein Weg vorbei. Die Organisationen wollen am Prozess der Neukonzessionierung beteiligt werden. 

 

 

Die Vereine und Verbände sind sich einig, dass es belastbare Bewertungsgrundlagen braucht, damit ein künftiger Kraftwerksbetrieb überhaupt den Erhalt der einzigartigen wildflusstypischen Lebensräume und Arten sicherstellen kann. Vor der Erteilung wasserrechtlicher Genehmigungen müssen belastbare Studien vorgelegt werden, mit deren Hilfe die Auswirkungen des geplanten Betriebs auf den Erhalt der wildflusstypischen Lebensräume und Arten bewertet und minimiert werden können. Hierzu zählen auch verschiedene Szenario-Berechnungen, die die zentralen Fragen zur künftigen Mindestwassermenge und die Möglichkeiten für deutlich mehr Geschiebedynamik beantworten. Die Organisationen fordern auch eine umfassende, sofortige Information und Partizipation am gesamten Wasserrechtsverfahren sowie die Bereitstellung von Gutachten, um die Auswirkungen des geplanten Betriebs bewerten zu können. Vorgaben der Wasserrahmenrichtline und der Natura 2000-Richtlinie, die heute geltendes Recht darstellen, sind zwingend einzuhalten und synergistisch zu nutzen. 

Das Wildflusssystem der Oberen Isar zwischen Mittenwald und Sylvensteinspeicher in Oberbayern ist eine der naturschutzfachlich wertvollsten Flächen Bayerns und Deutschlands. Eingriffe zur Wasserkraftnutzung haben den Wildfluss und seine Auen seit 100 Jahren erheblich verändert. Die umfangreichen Umgestaltungen, die für den Betrieb des Walchenseekraftwerk-Systems vorgenommen wurden, haben zu weitreichenden 

ökologischen Problemen geführt: Wasserknappheit, Verlust der Dynamik, Verbuschung, Verschlechterung der ökologischen Strukturen und Festlegung von Flussarmen sowie zahlreiche weitere negative Auswirkungen der Wasserkraftnutzung führen zum Verlust von seltenen, wildflusstypischen Lebensräumen und Arten und gefährden deren Erhalt. Am Walchensee selbst können sich wegen der hohen saisonalen Pegelabsenkung keine natürlichen Lebensräume für Flora und Fauna entwickeln. 

„Die Naturschätze der Oberen Isar werden seit 100 Jahren durch das WalchenseekraftwerkSystem erheblich beeinträchtigt. Auch wenn die Bedeutung regenerativer Energien als wichtiger Bestandteil der Energiewende zunimmt, muss es das oberste Ziel sein, den einzigartigen Wildflussabschnitt künftig entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und wesentlich besser als heute zu schützen. Nur so kann eine positive Entwicklung der europaweit geschützten wildflusstypischen Arten und Lebensräume ermöglicht werden”, so der LBV-Vorsitzende Dr. Nobert Schäffer.  

“Ein offener Planungsprozess mit der Bewertung verschiedener Szenario-Berechnungen ist notwendig, um im nächsten Schritt die Alternative auszuwählen, die den Naturschatz Obere Isar und die letzte Wildflusslandschaft Deutschlands aus ökologischer Perspektive am besten erhält”, fordert Richard Mergner, 1. Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e.V. 

Für den Vizepräsidenten des Deutschen Alpenvereins Manfred Sailer stellt die Obere Isar die letzte naturnahe Wildflusslandschaft Deutschlands dar: „Sie ist ein Teil des wertvollsten alpinen Naturerbes Deutschlands. Der Freistaat Bayern trägt Verantwortung, dass dieser Schatz erhalten wird und nicht aufgrund energiewirtschaftlicher Interessen weiter degeneriert.“      

Prof. Dr. Albert Göttle, Präsident des Landesfischereiverbands Bayern, fordert: „Die neue Genehmigung wird für mehrere Jahrzehnte vergeben. Es ist für uns daher unverzichtbar, dass die Naturverträglichkeit unvoreingenommen geprüft wird. Die bestehenden Verhältnisse dürfen nicht bleiben. Die Landeskraftwerke bieten die besten Voraussetzungen für einen ökologisch sinnvollen Betrieb.” 

 

Folgende Organisationen tragen das Positionspapier (alphabetisch):  

Bayerischer Kanu-Verband e. V., BUND Naturschutz in Bayern e. V., Bürgervereinigung Walchensee-Forum, Deutscher Alpenverein e. V., Isartalverein e. V., Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V., Landesfischereiverband Bayern e. V., NaturFreunde Deutschlands e. V. - Landesverband Bayern, Münchner Forum. Diskussionsforum für Entwicklungsfragen e. V., Notgemeinschaft „Rettet die Isar jetzt“ e. V., Verein zum Schutz der Bergwelt e. V., WWF Deutschland und der Dachverband CIPRA Deutschland e. V. 

GP-12-21 Gemeinsame Positionen Neukonzes
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